Österreich: ÖVP bricht Koalitionsverhandlungen mit SPÖ ab ...

Die Regierungsbildung der Mitte-Parteien in Österreich ist gescheitert. Kanzler Karl Nehammer kündigte seinen Rücktritt an – als Kanzler und ÖVP-Chef.
Artikelzusammenfassung
Die konservative ÖVP unter Kanzler Nehammer bricht Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ ab, da eine Einigung in zentralen Punkten nicht möglich sei. Nehammer kündigt seinen Rücktritt an und lehnt auch eine Koalition mit der FPÖ ab. Die SPÖ und ÖVP geben sich gegenseitig die Schuld am Scheitern der Verhandlungen. Bei Neuwahlen könnte die FPÖ noch stärker werden, da Umfragen ein Stimmungsplus für die Rechten zeigen.
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Österreichs konservative Kanzlerpartei ÖVP hat Koalitionsverhandlungen mit der sozialdemokratischen SPÖ abgebrochen. "Eine Einigung ist in wesentlichen Kernpunkten nicht möglich, so hat es keinen Sinn für eine positive Zukunft Österreichs", sagte ÖVP-Chef und Kanzler Karl Nehammer nach Angaben der Nachrichtenagentur APA.
Kurz darauf kündigte er in einer Videobotschaft seinen Rücktritt als Regierungschef und als Chef der ÖVP an. Er werde in den nächsten Tagen einen "geordneten Übergang" ermöglichen, sagte Nehammer.
Dreierbündnis war auch nicht möglich
Nach den gescheiterten Koalitionsverhandlungen zwischen der ÖVP, SPÖ und den Neos am Freitag hatten die Konservativen und Sozialdemokraten am Samstag die Gespräche ohne die Liberalen fortgesetzt. Die beiden Parteien verfügen über eine knappe Mehrheit im Nationalrat.
ÖVP und SPÖ fanden in verschiedenen Themen nicht zueinander. So fordern die Sozialdemokraten unter anderem, zur Sanierung des defizitären Staatshaushaltes reiche Bevölkerungsgruppen höher zu besteuern, was die ÖVP strikt ablehnt. Die ÖVP werde kein Regierungspapier unterschreiben, das "wirtschaftsfeindlich, wettbewerbsfeindlich und leistungsfeindlich ist", sagte Nehammer in seiner Videobotschaft und kritisierte die "destruktiven Kräfte in der SPÖ".
Gleichzeitig machte er klar, dass er weiterhin nicht bereit sei, mit der rechten FPÖ unter Herbert Kickl Koalitionsgespräche zu führen. "Es ist meine tiefe Überzeugung, dass Radikale für kein einziges Problem eine Lösung bieten", sagte er. Der Wirtschaftsflügel seiner Partei bevorzugt hingegen eine Koalition mit der FPÖ statt mit der SPÖ.
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SPÖ und ÖVP geben sich gegenseitig die Schuld
Die ÖVP machte die SPÖ bereits am Freitag für die schwierige Regierungsbildung verantwortlich. Generalsekretär Christian Stocker beklagte nach dem Ausscheiden der Neos aus den Verhandlungen, "die rückwärtsgewandten Kräfte in der SPÖ" hätten "überhandgenommen" und hätten "zur aktuellen Situation geführt". Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger nannte ebenfalls die Steuern sowie die Rente als größtes Hindernis in den Verhandlungen mit den beiden Mitte-Parteien.
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Die SPÖ wiederum sah den Grund für das Scheitern der Verhandlungen vor allem bei den Konservativen. Bei seiner Stellungnahme sagte Parteichef Andreas Babler, jener ÖVP-Flügel, "der von Anfang an mit den Blauen (der FPÖ) geliebäugelt hat", habe sich letztendlich durchgesetzt. Babler sagte, es drohe nun ein "rechtsextremer Kanzler".
Bei Neuwahlen droht erneut Sieg der FPÖ
Drei Monate nach der Wahl bleiben die Regierungsverhältnisse in Österreich damit weiter ungeklärt. Was nun auf den Schritt der ÖVP und den Rücktritt Nehammers folgt, ist zunächst unklar. Die Verhandlungen der Mitte-Parteien waren auch ein Versuch, die rechte FPÖ um Herbert Kickl nach ihrem Wahlsieg Ende September von einer Regierungsposition fernzuhalten.
Bei Neuwahlen könnte nun aber ein noch größerer Sieg der FPÖ drohen: Umfragen deuteten zuletzt ein weiteres Stimmungsplus für die Rechten seit der Nationalratswahl an. Demnach könnte die FPÖ ihr Ergebnis von knapp 29 Prozent nochmals auf etwa 35 Prozent steigern.
Bei der Nationalratswahl Ende September war die rechtspopulistische FPÖ mit 28,85 Prozent der Stimmen erstmals stärkste Kraft im Parlament geworden. Die konservative ÖVP erzielte 26,3 Prozent, gefolgt von der sozialdemokratischen SPÖ mit 21,1 Prozent. FPÖ-Chef Herbert Kickl fand bei ÖVP und SPÖ aber keinen Partner für eine Regierungsbildung. Daher nahmen ÖVP, SPÖ und Neos im November Koalitionsverhandlungen auf.