Er ist eine Besonderheit in der bundesdeutschen Politik: der Südschleswigsche Wählerverband (SSW). Die 1948 gegründete Partei der dänischen und friesischen Minderheiten ist seit Jahrzehnten im schleswig-holsteinischen Landtag vertreten - und seit 2021 erstmals seit langem auch wieder mit einem Abgeordneten im Bundestag.
"Nach derzeitigem Stand haben wir unser Wahlziel erreicht, den SSW im Bundestag zu halten", sagte der SSW-Landesvorsitzende Christian Dirschauer am Sonntagabend. Das sei schon für sich genommen ein historischer Erfolg. "Und es zeigt, dass die Menschen im Norden Stefan Seidlers Arbeit im Bundestag durchaus würdigen."
Bei der Bundestagswahl 2025 holte die Partei laut Hochrechnung der Forschungsgruppe Wahlen wieder einen Sitz im Bundestag. Laut Landeswahlleiter kam die von der Fünf-Prozent-Hürde befreite Partei nach ausgezählten 2.457 von 3.052 Wahlbezirken in Schleswig-Holstein bereits auf 51.390 Zweitstimmen. Der SSW war im Vorfeld davon ausgegangen, dass 40.000 Stimmen notwendig sind. 2021 war die Partei auf 55.578 Zweitstimmen gekommen.
Bundestagswahl 2025
:Ergebnis in Schleswig-Holstein
Wie ist die Bundestagswahl 2025 in Schleswig-Holstein ausgegangen? Welche Partei wurde stärkste Kraft? Wie ist das Ergebnis in den Wahlkreisen?
von Luisa Billmayer, Robert Meyer, Moritz Zajonz
Wie schafft es der SSW in den Bundestag?
Parteien nationaler Minderheiten sind aufgrund einer Sonderregelung im Bundeswahlgesetz von der Sperrklausel ausgenommen, um ihre Chancen auf bundespolitische Repräsentation zu erhöhen. Die auf sie entfallenden Zweitstimmen werden bei der Mandatsberechnung auch dann berücksichtigt, wenn deren Gesamtzahl für ein Überspringen der Fünf-Prozent-Hürde nicht reicht. Auch ein Bundestagseinzug über ein Direktmandat wäre möglich.
Von der Zweitstimmenregelung, die in vergleichbarer Weise auch bei den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein gilt, profitiert der SSW. Die insbesondere in den nördlichen Teilen des Bundeslands verwurzelte Partei erhielt vor vier Jahren genügend Zweitstimmen, um ihren Spitzenkandidaten Stefan Seidler als fraktionslosen Einzelabgeordneten in den Bundestag zu schicken. Der 45-Jährige ging auch diesmal als Spitzenkandidat ins Rennen.
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Wofür steht der SSW?
Der SSW versteht sich traditionell als soziale und liberale Partei, die sich an politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in Skandinavien orientiert.
Zu seinen Kernforderungen für die Bundestagswahl gehörte eine Reform der Schuldenbremse, um größere Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutzmaßnahmen zu finanzieren. Zudem tritt die Partei unter anderem für eine vom Elterneinkommen unabhängige Bafög-Ausbildungsförderung nach dänischem Vorbild und einen gesetzlichen Mindestlohn von 15 Euro ein.
Einen weiteren Schwerpunkt bilden traditionell der Minderheitenschutz und der Kampf gegen Rassismus sowie Extremismus. Dazu kommen eher spezifisch regionale Interessen - etwa die Forderung nach mehr Bundesmitteln für die Sanierung der Bahninfrastruktur in Norddeutschland oder für den Küstenschutz.
Politisch besteht eine gewisse Nähe zur SPD und den Grünen, mit denen der SSW in Schleswig-Holstein zwischen 2012 und 2017 eine Landesregierung bildete.
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Wieso gibt es den SSW überhaupt?
Weite Teile Schleswig-Holsteins gehörten jahrhundertelang zum dänischen Königreich. Der heutige Verlauf der deutsch-dänischen Grenze ist das Ergebnis einer Volksabstimmung von 1920, die nach der deutschen Niederlage im Ersten Weltkrieg im Versailler Vertrag vereinbart wurde.
Auf beiden Seiten der Grenze blieben danach Minderheiten zurück, die dort weiterhin lebten. 1948 gründete sich der SSW als Vertretung der dänischen und friesischen Minderheiten in Deutschland.
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Quelle: AFP, dpa