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Shirin David, Roland Kaiser, Ikkimel, Sarah Connor & Co: Diese ...

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Von „Marathon“ bis „Fotzen“: 2025 steht viel an in Pop-Berlin. Superstars wie Shirin David und Roland Kaiser haben Platten angekündigt. Aber auch abseits der Hitmaschinen brodelt es.

2024 war ein krasses Pop-Jahr. Klar, Taylor Swift polarisiert. Die einen halten sie für den wiedergeborenen Shakespeare; die anderen für eine strebsame Marketingfrau, die weiß, wie man die Stadien füllt – und nebenbei belangloses Gedudel raushaut, gerade so langweilig, dass man schön eindöst und bei Spotify nicht umschaltet auf andere Musik. Aber auf Beyoncé mit ihrem Future-Country-Album „Cowboy Carter“ und Charli XCX mit ihrer limettengrünen „Brat“-Platte, die den einst avantgardistischen Hyperpop zum Mainstream brachte, konnten sich dann doch die meisten einigen, die ein Herz für Pop und seine großen Gesten haben.

Und auch in Berlin war gut was los im Pop-Jahr 2024. Besonders auffällig: Künstler, die an der Schnittstelle von HipHop und Liedermacher-Pop sozialkritisch von der Generation Z und einer betäubten Gesellschaft um sie herum erzählten. Etwa Soho Bani aus dem Wedding mit seinem Grönemeyer-Rework „Zeit, dass sich was dreht“, das als EM-Hit fungierte, aber auch von Politikern gern als Prä-Wahlkampf-Mucke eingesetzt wurde, bis Grönemeyer mit Anwälten dagegen vorging. Auf ähnlichen Gefilden sangen: Apsilon aus Moabit. Paula Hartmann aus dem Westend. Und Zartmann aus Prenzlauer Berg.

Daneben gab es 2024 auch weniger massenkompatible Berlin-Platten, die dennoch ganz großartig sind, etwa das liebevoll mit vielen Klang-Details arrangierte Dreampop-Album „Sucht“ des einst von Sachsen nach Schöneberg gezogenen Jazz-Sängers Erik Leuthäuser, Jahrgang 1996. Die poetischen Albtraum-Texte hat Leuthäuser so offen formuliert, dass man sie auf schwule Drogen-Sexorgien beziehen kann (wie es Leuthäusers Interviews nahelegen), aber auch so chiffriert, dass sogar die Oma, die sich gelegentlich ein paar Gläser Rotwein zu viel genehmigt, damit gut was anfangen kann. Unbedingt empfehlenswert! Kann 2025 da mithalten?

Vieles spricht dafür. Denn schon im Januar läutet Shirin David hochkarätig das Berliner Pop-Jahr ein: Am 31. Januar erscheint ihr drittes Album „Schlau aber blond“. Wir erinnern uns: Shirin David ist die Frau, der Thomas Gottschalk in „Wetten, dass.. ?“ verklickern wollte, man sehe ihr nicht an, dass sie Klassik-Fan und Feministin sei. Mit ihrer schlagfertigen Antwort ließ sie Gottschalk altbackener denn je aussehen. Shirin Davids Single „Bauch Beine Po“ war der große Sommerhit im Jahre 2024. Natürlich aus Berlin, samt Charlottenburger Ladys im Liedtext. Es war Davids siebter Nummer-1-Hit in Deutschland. Das gelang davor noch keiner deutschsprachigen Künstlerin.

Gemessen an Verkaufs- und Klickwerten ist Shirin David die erfolgreichste deutschsprachige Künstlerin aller Zeiten. Ob Helene Fischer wohl heimlich vor Neid erblasst? Streitbar ist Shirin David freilich trotzdem: Während viele (vermutlich zurecht) „Bauch Beine Po“ als witzige Satire auf den Fitnesskult der Gegenwart verstanden haben, meinten andere (ziemlich sicher zu unrecht) darin toxisches Bodyshaming rauszuhören. Auch „Schlau aber blond“ (allein schon dieser Albumtitel!) dürfte die Pop-Gemüter spalten. Ende Januar sind wir dann schlauer, was genau uns David klanglich in den Matcha-Latte mixt.

Und nur eine Woche später legt ein waschechter Wedding-Boy nach: Roland Kaiser. Am 7. Februar erscheint „Marathon“. Sein wievieltes Album wird das eigentlich? Kein Mensch weiß es. Dutzende gibt es schon. Seit mehr als einem halben Jahrhundert, also gefühlt „seit immer“ steht der Kaiser auf der Bühne – und glänzt mit seiner völlig einzigartigen Mixtur aus Porno-Poesie und Politik: „Erotik halte ich für ein sehr wichtiges Thema“, sagte uns Roland Kaiser im Interview. Zugleich engagiert er sich für gesellschaftlichen Zusammenhalt, machte als Sozialdemokrat mit SPD-Parteibuch mitunter auch Wahlkampf für Gerhard Schröder und Frank-Walter Steinmeier.

„Ich werde da sein“ hieß die Vorab-Single zum kommenden „Marathon“-Album. Auch da konnte man rätseln: Wen meint der Kaiser eigentlich, für wen wird er da sein? Für seine Frau oder gar eine heimliche Geliebte? Für die SPD? Oder für den Osten, wo bis heute seine treuesten Fans wohnen, etwa in Dresden, wo der Kaiser jährlich seine große „Kaisermania“ zelebriert? Nur zwei Wochen vor der vorgezogenen Bundestagswahl könnte eine (dezente) politische Botschaft im Kaiser'schen „Marathon“-Album sogar einen direkten politischen Effekt erzielen.

Apropos Osten: Finch (früher bekannt als Finch Asozial) bringt ebenfalls am 7. Februar ein neues Album heraus. Der Lichtenberger Rapper mit Ost-Biografie, geboren in Frankfurt (Oder), aufgewachsen im brandenburgischen Fürstenwalde, bedient sich vorzugsweise bei der 1980er-DDR-Ästhetik; gepaart mit lyrischem Drogen-Exzess und Porno-Rap in vulgärer Sprache. Seine Alben „Dorfdisko“ (2019) und „Finchi's Love Tape“ (2020) kletterten jeweils auf eine beeindruckende Position 2 in den deutschen Album-Charts. „Rummelbums“ (2022) und „Dorfdisko zwei“ (2023) dann sogar auf die Nummer 1.

Die Messlatte hängt entsprechend hoch für Finch. Wird ihm mit seiner 2025er Platte „Schluss mit lustig“ der Hattrick gelingen? Auf jeden Fall sollten sich Finch-Fans auf einen leichten Themen-Switch einstellen. Wie schon die Vorab-Single „Leuchtturm“ signalisiert hat, in der sich Finch an seine Tochter wendet, könnte manches ins neue Genre autobiografischer Familienvater-Rap fallen, wo sich ja spätestens seit seinem Album „Paul“ (2022) auch ein anderer Berliner schon hervortut: Sido.

Wer schon Shirin David frech findet, sollte bei Ikkimel den Sitzgurt extrafest schnallen. Die Tempelhofer Rapperin ist nicht gerade für eine prüde Sprache berühmt: „Aszendent Bitch“ hieß 2023 schon ihre Debüt-EP. Ein vielen Hobby-Astrologen bis dato wohl unbekannter Sternzeichen-Aszendent. Ikkimel klebte ihn trotzdem an den Deutschrap-Himmel. Und so ging es auch weiter: Drogen, Sex und Partys – das ist die Themen-Palette in Ikkimels Pop-Lyrik. „Keta und Krawall“ hieß 2024 eine Single. Ikkimel selber bezeichnet ihr musikalisches Genre treffsicher als „Fotzenstyle“. Als Kontrapunkt zum Mackertum. Nach den provokant scheppernden Techno-Rap-Singles „Unisexklo“ und „Mütter“ folgt am Valentinstag, also am 14. Februar, Ikkimels Debütalbum mit dem romantischen Titel, ähm, hust-hust (jetzt alle mal weghören!) „Fotzen“.

Oha. Das würde es bei Roland Kaiser so nicht geben. Da würde das allenfalls „Grotten der Lust“ oder so ähnlich heißen. Aber ja: Junge Gören („brats“, Charli XCX lässt grüßen) haben einen anderen Blick auf die Welt als ältere verdiente Herren. Und eine andere Wortwahl. Wir sind gespannt auf Ikkimels Tempelhofer Venushügel-HipHop. Übrigens ist sie nicht die einzige Berlinerin, die auf den Valentinstag als Release-Day setzt: Auch „Golden Years“ von Tocotronic, „Zu viel retro“ von Joris („Herz über Kopf“) und „Mein schöner Hals“ von Paul Sies, manchen bekannt als Schauspieler am Potsdamer Hans-Otto-Theater, erscheinen pünktlich zum Tag der Liebe. Ob sie wohl auf Verkäufe ihrer Platten als Klang-Blumenstrauß spekulieren?

Wedding-Boy von 72 Jahren: Roland Kaiser versteht sich auf eine einzigartige Mixtur aus Soft-Porno und Politik

Wedding-Boy von 72 Jahren: Roland Kaiser versteht sich auf eine einzigartige Mixtur aus Soft-Porno und Politikdpa

Es gibt Superstars und Superstar-Macher. Und die so genannten musicians' musicians: Musiker, auf die andere Musiker schwören. Manche davon sind dem großen Publikum (noch) unbekannt. Obwohl sie es extrem draufhaben. Zu diesen Leuten zählt auch der Berliner Jazz-Musiker Ralph Heidel. Seine Kompositions-, Arrangier- und Spielkünste (Saxofone, Flöten, Klaviere, Synthesizer) stehen maßgeblich hinter dem Sound von Berliner Rappern wie Casper, Apsilon und Tarek K.I.Z. Wir dürfen also gespannt sein, was uns Heidel auf seiner Solo-Platte „Anyways. Onto Better Things“ klanglich kredenzt. Für die vordersten Plätze in den Charts wird es womöglich zu avangardistisch. Aber Heidel hat das Zeug zum Popnerd-Liebling des Jahres.

Definitiv ein Popnerd-Darling ist schon lange Stella Sommer, nunmehr einziges amtierendes Mitglied der 2010 in Hamburg gegründeten und inzwischen Berliner Indiepop-Band Die Heiterkeit. Während Sommer als Solo-Künstlerin unter dem Namen Stella Sommer englischsprachigen Folk spielt (wie er auch Fans von Aldous Harding, Angel Olsen und Laura Marling gefallen würde), setzt sie als Die Heiterkeit auf deutschsprachiges Gegenwartsliedgut, jüngst auch in ihrer Single „Teufelsberg“. Witziger Zufall übrigens, dass auch der in Steglitz aufgewachsene Kreuzberger Rapper Prinz Pi gerade eine Single namens „Teufelsberg“ herausgebracht hat. Kollektiver Blick tief in den Westen Berlins? Und beide Acts bringen ihre Platten im März 2025 heraus. Von Prinz Pi wissen wir sogar schon den Titel: „West-Berlin“.

In den Nordosten hingegen dürfte Zartmann gucken: „Schönhauser EP“ heißt sein für den 4. April angekündigtes Mini-Album, das schon via Titel und Cover-Fotografie der Schönhauser Allee in Prenzlauer Berg gewidmet zu sein scheint. Wobei Zartmann im Interview mit der Berliner Zeitung 2024 interessanterweise betont hat, dass er ja eigentlich gar nicht so richtig nach Prenzlauer Berg, seinem Heimatstadtteil passe: Er als Klassenclown und Schulrabauke habe besser zu den Kindern nach Hohenschönhausen gepasst, wo er tatsächlich („dank“ seines schlechten Notenschnitt) dann die Schulbank drückte. Wir sind jedenfalls schon extrem gespannt, was Zartmann uns mit seiner EP auftischt. Denn seine 2024er „Dafür bin ich frei EP“ war schon ein Knaller, samt Feature-Song mit dem Wilmersdorfer „Friesenjung“ Ski Aggu.

Hat ihre englischen Nullerjahre-Hits wie „Let's Get Back To Bed - Boy!“ gegen Deutsches getauscht: Sarah Connor

Hat ihre englischen Nullerjahre-Hits wie „Let's Get Back To Bed - Boy!“ gegen Deutsches getauscht: Sarah Connordpa

Noch kein Release-Datum ist bekannt bei Sarah „with love“ Connor. Aber wir wissen definitiv, dass da 2025 was kommt. Denn ein Studio-Album hat die in Steglitz-Zehlendorf residierende Pop-Queen für 2025 gemeinsam mit einer Arena-Tour für 2026 angekündigt, samt Berlin-Auftritt am 14. März 2026. Da Connor von sechs Jahren Abstand zu ihrem Vorgänger-Album spricht, ist wohl frühestens im Mai 2025 mit der neuen Platte zu rechnen. Was darf man stilistisch erwarten?

Wer in den letzten Jahren Live-Konzerte von Sarah Connor besucht hat, weiß: Ihre anglophilen R&B-Superhits aus den Nullerjahren („Let's Get Back To Bed – Boy!“) hat Connor weitgehend eingetauscht gegen deutschsprachige Liedermacher-Nummern mit Sozialrelevanz, etwa das bei Homophoben verhasste und von manchem Radiosender zensierte „Vincent“: „Vincent kriegt keinen hoch, wenn er an Mädchen denkt / Er hat es oft versucht und sich echt angestrengt.“

Ob Connor das immer noch kann, unsere Herzen zu rühren und dabei das hohe C zu treffen? Das alles und noch viel mehr werden wir dann Ende 2025 wissen. Und vermutlich kommen dazwischen im Sommer und im Herbst sogar noch ein paar Berliner Platten, von denen wir gerade nicht mal zu träumen wagen. Ein „Marathon“ wird das gewiss. Ein „Golden Year“? Mal sehen, ach was, mal hören!

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