Rheinmetall sieht sich auf dem Weg zum "Worldwide Player"

Rasanter Wachstumskurs Rheinmetall sieht sich auf dem Weg zum "Worldwide Player"
03.05.2024, 11:12 Uhr Artikel anhörenDie starke Nachfrage nach Waffen und Munition kurbelt das Geschäft von Rheinmetall ordentlich an. Für den Rüstungskonzern ist das Ende der Fahnenstange allerdings noch nicht erreicht: Möglich sei die Schaffung eines europäischen Systemhauses - und auch für die USA gibt es schon konkrete Pläne.
Rheinmetall-Chef Armin Papperger sieht seinen Konzern auf rasantem Wachstumskurs und hat die Schaffung eines europäischen Rüstungs-Systemhauses ins Spiel gebracht. "Ich glaube, dass es sinnvoll wäre, ein europäisches Systemhaus zu gründen", sagte Papperger vor der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung Düsseldorf (WPV). Eine solche Rüstungsschmiede könne beim Umsatz eine Größenordnung von 30 bis 35 Milliarden Euro erzielen und auf Augenhöhe mit amerikanischen Konzernen agieren.
Rheinmetall habe in Europa in der Vergangenheit bereits andere Unternehmen übernommen, etwa den spanischen Munitionshersteller Expal. Jetzt seien nur noch wenige große Unternehmen übrig - wie etwa die italienische Leonardo, deren Marktkapitalisierung aber deutlich unter der von Rheinmetall liege, oder KNDS aus Frankreich. "Wir wollen ein Worldwide Player werden und das können wir zurzeit aufgrund des guten Cash-Flows (..) aus eigener Kraft", sagte der Rheinmetall-Chef. "Es gibt zurzeit keine Gespräche zwischen TKMS und Rheinmetall", sagte Papperger auf eine entsprechende Frage.
Rheinmetall rechnet wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine und der Aufrüstung der NATO-Staaten mit dauerhaft steigenden Umsätzen und Gewinnen. "Wir werden dieses Jahr zehn Milliarden Euro Umsatz machen", bekräftigte er. "Ich erwarte, dass wir Ende des Jahres etwa 60 Milliarden Euro Auftragsbestand haben", fügte er hinzu.
Westliche Welt "für konventionellen Krieg nicht gerüstet"
Rheinmetall wolle auch in den USA wachsen. Der Düsseldorfer Konzern bemüht sich in den USA aktuell unter anderem um den Zuschlag für die Entwicklung eines Nachfolgers des US-Schützenpanzers Bradley. Das Projekt könnte ein Volumen von mehr als 45 Milliarden Dollar haben. Er glaube, dass Rheinmetall gute Chancen auf einen Zuschlag habe, sagte Papperger. Der Konzern schaue sich in den USA auch nach potentiellen Zukäufen um.
Zudem mahnte Papperger deutlich mehr Militärausgaben an, damit Deutschland verteidigungsfähig wird. "Die westliche Welt ist für einen konventionellen Krieg nicht gerüstet", sagte der Rheinmetall-Chef. China und Russland hätten stark aufgerüstet. Der deutsche Verteidigungshaushalt sollte von derzeit 52 Milliarden Euro jährlich um mindestens 30 Milliarden Euro aufgestockt werden. "Wenn diese 30 Milliarden nicht investiert werden in Deutschland, dann wird die Zeitenwende scheitern."
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte im Jahr 2022 eine "Zeitenwende" ausgerufen, nachdem Russland die Ukraine angegriffen hatte. Der Bund stellte ein 100 Milliarden Euro schweres Sondervermögen bereit, um die Verteidigungsfähigkeit zu stärken und Defizite bei der Bundeswehr auszugleichen. Nach dem Ende des Kalten Krieges hatte Deutschland seine Verteidigungsausgaben reduziert, wodurch der Bestand an Militärgeräten veraltete und Munitionslager sich leerten.
Aufstockung um 30 Milliarden Euro jährlich?
Es sei zu viel gespart worden, sagte Papperger im Rückblick auf die vergangenen Jahrzehnte. Rheinmetall profitierte von dem vor gut zwei Jahren auf den Weg gebrachten 100-Milliarden-Sondervermögen, es bekam Aufträge für Panzerfahrzeuge und andere Militärgüter. Papperger wies darauf hin, dass das Sondervermögen im Jahr 2026 aufgebraucht sein werde. Daher sei eine Aufstockung des regulären Verteidigungshaushalts enorm wichtig. "Das wird dann ein Strohfeuer sein und wir werden eben nicht mehr dementsprechend weitermachen können."
Die Rüstungsindustrie vertraue bei ihren Investitionen darauf, dass die Politik ihr Wort halte und auch künftig Aufträge erteile. Nur mit einer Aufstockung um 30 Milliarden jährlich könne Deutschland seine Verpflichtung als NATO-Staat einhalten, zwei Prozent seiner Wirtschaftsleistung in die Verteidigung zu stecken. "Der Bundeswehr fehlt es immer noch an allem", sagte der Rüstungsmanager.
Als Beispiel nannte er die Artilleriemunition. "Die Munition, die wir produzieren, geben wir heute in die Ukraine." In den vergangenen zwei Jahren habe Deutschland "so gut wie nichts" in seine eigenen Lager gebracht. Um die Lager an Artilleriemunition zu füllen, werde man zehn Jahre lang produzieren müssen, schätzt Papperger und macht damit deutlich, dass der Bund dafür eben auch entsprechende Finanzmittel bereitstellen müsse. Deutschland sei in der westlichen Welt kein Einzelfall. "Egal, ob es Italien ist, ob es Spanien ist, ob es Frankreich ist - die Lager sind alle leer, und zwar bei allen konventionellen Munitionsarten."
Pappberger strebt Börsenwert von 50 Milliarden an
Rheinmetall hat seinen Verwaltungssitz in Düsseldorf und sein größtes Werk in Unterlüß in Niedersachsen, zudem gibt es diverse Tochterfirmen im Ausland. Der Konzern hat rund 28.000 Vollzeitstellen, er stellt Panzer, Munition, Artillerie, Flugabwehr-Geschütze und Militär-Lastwagen her. An der Börse hat sich der Wert der Firma seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs etwa verfünffacht - der Wert liegt inzwischen bei etwa 22 Milliarden.
Nach Einschätzung von Papperger ist damit noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht: "Ich glaube, dass wir ihn auf 50 Milliarden hochkriegen." Bis wann das geschehen soll, sagte er nicht. Neben seinem Chefposten bei Rheinmetall ist Papperger auch Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV), er ist gewissermaßen der oberste Rüstungsmanager Deutschlands.