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Jagd auf Blutwert: Lp(a) mit Pillen killen?

Jagd auf Blutwert Lpa mit Pillen killen
Bislang lassen sich erhöhte Lipoprotein(a)-Spiegel nur sehr aufwändig therapieren. Zwei neue Wirkstoffe könnten das nun ändern: Sie lassen sich injizieren oder oral einnehmen – und scheinen Lp(a) zuverlässig zu senken.

Bislang lassen sich erhöhte Lipoprotein(a)-Spiegel nur sehr aufwändig therapieren. Zwei neue Wirkstoffe könnten das nun ändern: Sie lassen sich injizieren oder oral einnehmen – und scheinen Lp(a) zuverlässig zu senken. 

Für Eilige gibt’s am Ende des Artikels eine Zusammenfassung.

Das Lipoprotein (a), kurz Lp(a), stellt einen Risikofaktor für einen Myokardinfarkt sowie Insult, unabhängig vom LDL-Cholesterin und anderen bekannten kardiovaskulären Risikofaktoren dar. Die 2022 aktualisierten Leitlinien der European Society of Cardiology und der European Atherosclerosis Society empfehlen eine Überprüfung des Lp(a) bei jedem Erwachsenen wenigstens einmal im Leben. 

Aktuelle Daten zeigen jedoch, dass diese Empfehlung in Deutschland oft noch unzureichend umgesetzt wird. In einer Studie von Altmann et al. wurden 3.393 Patientenakten aus kardiologischen Rehakliniken ausgewertet. Eine Bestimmung des Lp(a)-Serumspiegels wurde im überweisenden Krankenhaus lediglich bei 0,19 % der Patienten durchgeführt. In einer anderen Studie aus dem Jahr 2023 wurde bei jüngeren Patienten mit einer atherosklerotischen Herz-Kreislauf-Erkrankung das Lp(a) in weniger als 2 % der Fälle bestimmt. 

Lp(a) senken? Keine leichte Sache

Die Behandlungsmethoden von einem erhöhten Lp(a)-Serumspiegel sind bisher limitiert. Da der Lp(a)-Serumspiegel zu > 90 % genetisch begründet ist, haben Lebensstilmodifikationen keinen relevanten Effekt. Während für die Cholesterinsenkung verschiedene Medikamente zur Verfügung stehen, gibt es bislang für die Senkung von Lp(a) nur das invasive Verfahren der Lipoproteinapherese. Diese wird als Ultima Ratio bei schweren Fällen eingesetzt und führt zu einer temporären Senkung des Lp(a)-Serumspiegels. Für die Betroffenen ist der Zeitaufwand nicht unerheblich, denn eine Behandlung dauert ca. 1,5–3 Stunden und erfolgt in der Regel einmal pro Woche. 

Unter der Verwendung von Statinen zur Senkung des LDL-Cholesterins kann es sogar zu einem geringen, klinisch nicht relevanten Anstieg der Lp(a)-Konzentration kommen. PCSK9-Inhibitoren senken das Lp(a) lediglich um 20–25 %. Dies reicht in den allermeisten Fällen nicht aus, um einen hohen Lp(a)-Spiegel in den Normalbereich zu senken. Es besteht somit der dringende Bedarf für Wirkstoffe, die die Lp(a)-Serumspiegel zuverlässig und sicher senken und im klinischen Alltag praktikabel sind. 

Kommen bald neue Mittel gegen hohes Lp(a)?

Kürzlich wurden auf der Jahrestagung der American Heart Association in Chicago zwei Studien zu den Wirkstoffen Zerlasiran und Muvalaplin vorgestellt und zeitglich im Fachblatt JAMA publiziert. Hierbei handelt es sich um Wirkstoffe, die zukünftig im klinischen Alltag für die Senkung des LP(a)-Serumspiegels zum Einsatz kommen könnten. Zerlasiran sorgt dafür, dass die mRNA von Apolipoprotein(a) abgebaut wird und somit kein Lp(a) produziert werden kann, während Muvalaplin die Bildung von Lp(a) durch Hemmung der Interaktion zwischen Apolipoprotein(a) und Apolipoprotein B-100 verhindert. Während Sirane subkutan injiziert werden müssen, hat Muvalaplin den Vorteil, dass es oral bioverfügbar ist.

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Die ALPACAR-Studie untersuchte die Wirksamkeit von dem Wirkstoff Zerlasiran. Es handelt sich um eine Phase-2-Studie. In die Untersuchung wurden 178 Patienten in 26 Zentren in Europa und Südafrika eingeschlossen, die bereits einen Herzinfarkt oder andere atherosklerotische Ereignisse erlitten hatten. Der Lp(a)-Serumspiegel war mit durchschnittlich 213 nmol/l deutlich erhöht. Das mittlere Alter der Teilnehmer lag bei 63,7 Jahren und 46 (25,8 %) waren weiblich. Die Teilnehmer erhielten subkutane Injektionen mit einem Placebo-Präparat oder zwei verschiedenen Dosierungen Zerlasiran (300 oder 450 mg) im Abstand von 24 Wochen oder 300 mg im Abstand von 16 Wochen. Der primäre Endpunkt war die über die Zeit gemittelte Lipoprotein(a)-Senkung nach 36 Wochen. Das Follow-up hatte eine Dauer von 60 Wochen. 

Unter den drei Dosierungen zeigte sich bis zur Woche 36 ein Rückgang der Lp(A)-Konzentrationen um: 

  • 85,6 % (450 mg / 24 Wochen), 
  • 82,8 % (300 mg / 16 Wochen) und 
  • 81,3 % (300 mg / 24 Wochen) im Vergleich zur Placebogruppe. 

Es kam zu keinen relevanten Nebenwirkungen. Die häufigsten Begleiterscheinungen waren leichte Schmerzen an der Injektionsstelle. Diese traten bei 2,3 % bis 7,1 % der Teilnehmer am ersten Tag nach der Injektion auf. 

Statt Spritzen geht’s auch per Pille

Die KRAKEN-Studie untersucht die Wirksamkeit von dem Wirkstoff Muvalaplin. In die internationale Phase-2-Studie wurden 233 Patienten eingeschlossen. Das mittlere Alter der Teilnehmer betrug 66 Jahre und sie wiesen Lp(a)-Spiegel über 175 nmol/l auf. Alle Studienteilnehmer hatten bereits atherosklerotische Ereignisse erlitten beziehungsweise hatten ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko durch einen Typ-2-Diabetes oder eine familiäre Hypercholesterinämie. Es wurde über 12 Wochen lang Muvalaplin in der Dosis von 10 mg (n=34), 60 mg (n=64) oder 240 (n=68) mg beziehungsweise ein Placebo (n=67) verabreicht. 

In der ersten Kontrolle nach 4 Wochen zeigte sich eine dosisabhängige Reduktion der Lp(a)-Konzentrationen. Die Senkung gegenüber der Placebogruppe im Hinblick auf die intakten Lp(a)-Moleküle betrug: 

  • 47,6 % bei 10 mg, 
  • 81,7 % bei 60 mg und 
  • 85,8 % bei der Gabe von 240 mg Muvalapin. 

In einem Apo(a)-Assay kam es zu einer Reduktion um 

  • 40,4 % bei 10 mg, 
  • 70,0 % bei 60 mg und 
  • 68,9 % bei der Verabreichung von 240 mg Muvalapin. 

Die ApoB-Konzentrationen konnten um 

  • 8,9 % bei 10 mg, 
  • 13,1 % bei 60 mg und 
  • 16,1 % bei der Gabe von 240 mg Muvalapin reduziert werden. 

Im Rahmen der Studie zeigte sich bei 97 % der Studienteilnehmer ein Lp(a)

Nach diesen hoffnungsvollen Ergebnissen bleiben die Phase-III-Studien abzuwarten. Auch ist zu klären, welchen Effekt die Behandlung der Patienten mit einem erhöhten Lp(a)-Spiegel auf ihre Prognose hat. Zum aktuellen Zeitpunkt ist also unklar, ob es zu einer Zulassung der Medikamente kommen wird.

Zusammenfassung für Eilige:

  • Bedeutung von Lp(a) als Risikofaktor: Erhöhte Lp(a)-Spiegel sind ein unabhängiger Risikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall. Bisher war die Behandlung wegen genetischer Ursachen schwierig, und nur invasive Verfahren wie die Lipoproteinapherese standen zur Verfügung.

  • Neue Wirkstoffe in Studien: Zwei neue Medikamente zeigen vielversprechende Ergebnisse. Zerlasiran wird subkutan injiziert und reduziert die Lp(a)-Produktion durch mRNA-Abbau. Muvalaplin, eine oral einnehmbare Pille, verhindert die Bildung von Lp(a) durch Hemmung spezifischer Proteininteraktionen. Beide zeigten in Phase-2-Studien eine Senkung um bis zu 85 %.

  • Zulassung noch unklar: Trotz der positiven Studienergebnisse müssen Phase-III-Studien noch die Wirksamkeit und den Einfluss auf die Prognose der Patient:innen bestätigen, bevor eine Zulassung möglich ist.

Bildquelle: Getty Images, Unsplash

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