120 Jobs weniger: Rüstungskonzern KNDS übernimmt Waggonbau ...

Scholz weist Kritik an Rüstungsproduktion zurück
Scholz sagte: "Diese Produktion hier in Görlitz sorgt für mehr Sicherheit in Deutschland." Auf Stimmungsmache gegen das Werk sollte man nichts geben. Der Vorteil von Deutschland sei, dass es sich immer wieder auch an neue Trends anpasse. "Die Geschichte von Görlitz ist noch lange nicht auserzählt."
KNDS plant mit bis zu 400 Arbeitskräften
Florian Hohenwarter von KNDS sagte in Görlitz: "Verlässlichkeit und Langfristigkeit" sei dem Unternehmen wichtig. Das treffe auf Görlitz zu. Der Wechsel vom Waggonbau zum Rüstungsbetrieb sei nur durch hervorragende Belegschaft möglich. Deswegen habe sich KNDS für Görlitz entschieden und wolle einen zweistelligen Millionen-Betrag in neue Anlagen investieren.
Das Unternehmen KNDS KNDS ging aus dem Zusammenschluss von Krauss-Maffei Wegmann und Nexter hervor und versteht sich als ein führender europäischer Hersteller militärischer Landsysteme mit Sitz in Deutschland und Frankreich. Das Unternehmen hat rund 9.500 Beschäftigte und weist für 2023 einen Umsatz von 3,3 Milliarden Euro und einen Auftragsbestand von etwa 16 Milliarden Euro aus. (dpa)
Dieses Jahr sollen erste Mitarbeiter übernommen werden, nächstes Jahr erste Produkte aus dem Betrieb in Görlitz kommen. Insgesamt sollen etwa 580 der rund 700 Mitarbeiter bei KNDS oder Alstom weiterbeschäftigt werden - offenbar jedoch nicht alle am Standort Görlitz. Dort sollen laut KNDS 350 bis 400 Menschen in Lohn und Brot bleiben.
Kretschmer lobt die Belegschaft und Bundeskanzler Scholz
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) lobte die Mitarbeiter, die "unglaublich stolz auf ihre Arbeit" seien. Zugleich lobte Kretschmer auch Bundeskanzler Scholz für sein Engagement. Ohne sein Zutun sei die Fortführung des Werks nicht möglich gewesen.
Demos von Links und Rechts mit gut 100 Teilnehmenden
Nicht bei allen kommt die Rüstungsindustrie gut an. Die Görlitzer Linke hatte zur Kundgebung vor dem Waggonbau-Werk aufgerufen. Auch das BSW und die rechtsextremen Freien Sachsen haben gegen eine Rüstungsproduktion in Görlitz protestiert. Laut Polizei waren insgesamt gut 100 Menschen bei diesen Protestaktionen dabei. Zwischenfälle gab es keine.
Die sächsischen Linken kritisieren den Branchenwechsel des Görlitzer Werkes scharf. Stefan Hartmann, Landesvorsitzender in Sachsen, sagte: "Es ist eine Sauerei, dass sich Scholz dafür feiern lässt, dass Doppelstockzüge von Leopard-Panzern verdrängt werden. Dabei opfern die Regierenden den so wichtigen Eisenbahnbau im Namen der Kriegstüchtigkeit." Zudem kritisieren die Linken den Stellabbau.
Görlitz muss eine bittere Pille mit wenigen positiven Nebenwirkungen schlucken. Wir sind nach wie vor überzeugt, dass es mit ehrlichem Einsatz der Regierenden in Bund und Land möglich gewesen wäre, eine Zukunftsindustrie wie den Eisenbahnbau in Görlitz zu halten.
Mirko Schultze, Kreisvorsitzender der Linken in Görlitz
BSW kritisiert "Militarisierung der Gesellschaft"
Jens Hentschel-Thöricht vom BSW kritisierte eine "Militarisierung der Gesellschaft". Der Bund solle weniger in Rüstung investieren und stattdessen das Geld in Infrastruktur, Bildung und soziale Projekte stecken, so seine Forderung. Zudem konterkariere das Aus für Bahnwaggons in Görlitz die propagierte Verkehrswende.
Auch in der Belegschaft sei "ein nicht unerheblicher Teil" unzufrieden damit, dass künftig Rüstungsgüter hergestellt werden, so der BSW-Landtagsabgeordnete. Sie würden sich nach anderen Jobs umsehen. Zugleich distanzierte sich Hentschel-Thöricht von der AfD, die in Görlitz mit ähnlichen Forderungen präsent war.
Görlitzer OB verweist auf Negativbeispiel im nahen Niesky
Der Görlitzer Oberbürgermeister Oberbürgermeister Octavian Ursu (CDU) versteht die Übernahme des Werks als Chance und verweist auf das nahe Niesky, wo der Waggonbaubetrieb für Güterwagen dicht gemacht wurde. Zum Thema Rüstung verweist Ursu darauf, dass auch Panzer der Bundeswehr in Görlitz gewartet werden sollen.
Auch Uwe Garbe von der Industriegewerkschaft Metall schätzt ein, die positive Stimmung überwiege, "dass es eine Zukunft am Standort gibt". Gleichwohl werde auch über den Wechsel vom Schienenfahrzeugbau zur Rüstung diskutiert. Der sichere aber Arbeitsplätze, der Waggonbau stand schon unter dem Vorbesitzer Bombardier stets auf der Kippe.