Ex-Wirecard-Vorstand: Jan Marsalek arbeitete laut Medienberichten ...

Der ehemalige Wirecard-Vorstand Jan Marsalek soll Medienberichten zufolge jahrelang für russische Geheimdienste aktiv gewesen sein. Wie der „Spiegel“, das ZDF, der österreichische „Standard“ und die russische Plattform The Insider am Freitag unter anderem unter Berufung auf westliche Geheimdienstinformationen berichten, soll der abgetauchte Ex-Manager über einen Vertrauten von 2014 an enge Kontakte zum russischen Militärnachrichtendienst GRU und zu Abgeordneten der Duma geknüpft haben. Anschließend soll er auch für Russlands Inlandsgeheimdienst FSB gearbeitet haben.
Laut österreichischen Ermittlungsakten sei Marsalek Teil einer „nachrichtendienstlichen Zelle, derer Kapazitäten und Fähigkeiten sich russische Nachrichtendienste bedient“ hätten. Britische Staatsanwälte werfen Marsalek den Berichten zufolge vor, noch 2023 einen Agentenring in London gesteuert zu haben.

„Die Recherchen legen nahe, dass Marsalek über eigene Netzwerke dem Kreml missliebige Personen in Europa ausgespäht hat und womöglich sensible Informationen nach Russland übermittelt haben könnte“, heißt es in dem ZDF-Bericht. „Über Jahre baute er als Vorstand eines Dax-Konzerns offenbar ungestört ein Spionagenetzwerk auf“, schreibt der „Spiegel“. Außerdem soll er mit Wagner-Söldnern in Syrien gewesen sein.
Russische Behörden verschafften Marsalek eine neue Identität
Wie die Medien weiter berichten, sollen russische Behörden Marsalek dabei geholfen haben, nach seiner Flucht im Jahr 2020 eine neue Identität anzunehmen. Marsalek gab sich demnach im September 2020 auf der Krim als russisch-orthodoxer Priester aus. Marsaleks Anwalt äußerte sich demnach nicht zu den Vorwürfen. Ein Sprecher der Bundesregierung sagte am Freitag, er könne keine Angaben zu dem Fall machen.
Marsalek befindet sich seit der Insolvenz des Zahlungsunternehmens Wirecard im Juni 2020 auf der Flucht und wird in Russland vermutet. Die Wirecard-Insolvenz gilt als einer der größten Wirtschaftsskandale der Bundesrepublik Deutschland. Dass der frühere Wirecard-Manager und Justizflüchtige Jan Marsalek von britischen Ermittlern verdächtigt, Teil eines Spionagenetzwerks für Russland gewesen zu ein, ist seit September 2023 bekannt.
Von Notz fordert Einsetzung von Sonderermittler
Geheimdienstkontrolleur Konstantin von Notz (Grüne) fordert infolge der Enthüllungen die Einsetzung eines Sonderermittlers. Da der Fall Marsalek eine „so relevante Sicherheitsfrage für andere Dax-Unternehmen, für die deutsche Wirtschaft, für die deutsche Politik“ sei, gebe es die Pflicht, genau hinzuschauen und wirklich zu ermitteln, sagte der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) im Bundestag am Freitag dem ZDF und dem „Spiegel“. „Ich könnte mir gut vorstellen, dass man versucht, mit einem Sonderermittler diesen Fragen auf den Grund zu gehen.“
Die Recherche offenbare „ein krasses wie beunruhigendes Ausmaß russischer Einflussoperationen in Europa und Deutschland“, schrieb von Notz auf der Plattform X.
Die Bundesregierung hielt sich bedeckt. „Die Bundesregierung nimmt grundsätzlich zu Angelegenheiten, die etwaige nachrichtendienstliche Erkenntnisse oder Tätigkeiten der Nachrichtendienste betreffen, nicht öffentlich Stellung“, erklärte ein Regierungssprecher. „Damit ist keine Aussage getroffen, ob der Sachverhalt zutreffend ist oder nicht.“