Der HSV stolpert, stürzt aber nicht

Der Bann gegen Mannschaften aus dem Souterrain der Tabelle schien am vergangenen Wochenende durch das 2:1 in Münster gebrochen, nur einen Spieltag später erlebte der Hamburger SV in Regensburg den ersten Rückschlag in diesem Kalenderjahr. Denn ein solcher war das 1:1 trotz des späten Ausgleichs in Unterzahl.

Rettete am Ende zumindest einen Punkt: HSV-Torjäger Davie Selke. picture alliance/dpa
Merlin Polzin ist auch nach neun Partien als Hauptverantwortlicher auf der HSV-Bank noch ungeschlagen, Freude darüber kam beim 34-Jährigen am Sonntagnachmittag nicht auf. "Ich bin enttäuscht über unsere Leistung", sagt der Trainer, "es gab verschiedene Themen, die mir nicht so gefallen haben." Dazu gehört fraglos die völlig sinnlose Ampelkarte, die Emir Sahiti binnen zwei Minuten kassierte. Dass die erste Gelbe Karte unberechtigt war, weil der Kosovare im Zweikampf getroffen wurde und damit keine Schwalbe vorlag, ändert nichts an der Tatsache, dass sein Aufprallen des Balles wegen einer strittigen Einwurfentscheidung unentschuldbar war. Polzin deutlich: "Das darf Emir nicht passieren, das weiß er auch selber."
Polzins Fehler mit Schonlau wurde auch durch Elfadlis Vorstoß deutlich
Der Trainer selbst hat ebenfalls in seiner bislang von bemerkenswerter Klarheit geprägten Amtszeit erstmals danebengelegen. Seine Entscheidung, Kapitän Sebastian Schonlau in der Startelf zu belassen, obwohl Daniel Elfadli nach Gelbsperre wieder einsatzbereit war, entpuppte sich als Fehler. Der Abwehrchef war keineswegs der Alleinschuldige am frühen Gegentreffer, konnte den Ballverlust seiner Vorderleute im Spielaufbau durch fehlendes Tempo aber nicht reparieren, hatte auch im zweiten Durchgang immer wieder Probleme, wenn er in Laufduelle musste.
Spielbericht
Dass Elfadli, sowohl im defensiven Mittelfeld als auch im Abwehrzentrum über die gesamte bisherige Saison der verlässlichste und stärkste Hamburger, als Defensiv-Joker auch offensiv zumindest zu einem Punkt beitrug, war symptomatisch: Polzin hatte viel versucht, um die Offensive zu stärken, nacheinander William Mikelbrencis, Ludovit Reis, Otto Stange und Adam Karabec gebracht, am wirkungsvollsten aber geriet der Wechsel von Elfadli für Schonlau. Bei einem dynamischen Vorstoß war der Deutsch-Lybier von Rasim Bulic nur durch ein Foul zu stoppen, der fällige Strafstoß führte zum zweiten Versuch von Davie Selke und dem 1:1.
Selkes Umgang mit seinem Fehlschuss soll beispielhaft sein
Dass Selke in der 83. Minute nach seinem Fehlschuss vom Punkt knapp eine halbe Stunde zuvor erneut die Verantwortung übernahm, ist für den Trainer ebenso beispielhaft wie die Reaktion der Mannschaft auf den Rückstand und den Platzverweis gegen Sahiti - der HSV ist am Sonntag in vielerlei Hinsicht in alte Muster verfallen, hat sich aber, anders als häufig in vergleichbarer Konstellation, bis zum Schluss gewehrt.
Wir sind trotz Unterzahl zurückgekommen und haben als Mannschaft zusammengestanden.
Merlin Polzin
"Wir sind trotz Unterzahl zurückgekommen und haben als Mannschaft zusammengestanden", streicht Polzin den positiven Aspekt aus der Dienstreise in die Oberpfalz heraus - wohlwissend, das dies der einzige war. Dass Selke ein zweites Mal antrat, imponiert dem Coach: "Für mich ist immer entscheidend, wie der Umgang mit Rückschlägen oder Fehlern ist. Davie hat gut darauf reagiert." Und Selke will seine Nervenstärke beim zweiten Versuch nicht überhöhen. "Ich habe immer gesagt, dass ich Verantwortung übernehmen will. Ich muss der Mannschaft ein Kompliment machen, dass sie hinter mir stand und mir den zweiten Elfer gegeben hat."
Selkes zweiter Versuch rettet dem HSV einen Punkt und den Verbleib auf einem direkten Aufstiegsplatz, er kann aber nicht kaschieren, dass es vor dem Topspiel gegen Kaiserslautern einiger Anpassungen bedarf - eine dürfte das Abwehrzentrum betreffen.
Sebastian Wolff