Neue Forschungsergebnisse im Kampf gegen Herpes


„In den letzten zehn Jahren haben systembiologische Ansätze unser Wissen über die komplexen Wechselwirkungen des Virus mit seinem Wirt erheblich erweitert“, sagt Lars Dölken. Unklar seien bis jetzt aber immer noch die Mechanismen gewesen, mit denen das Herpesvirus zwischen Ruhe und Aktivität wechselte. Dies herauszufinden sei Mittelpunkt der Forschung des Teams gewesen. „Wenn wir dies verstehen, wissen wir, wie wir therapeutisch eingreifen können.“
An Herpesviren vom Typ HHV-6 – den Erregern des Drei-Tage-Fiebers, mit denen mehr als 90 Prozent aller Menschen still infiziert sind – konnten die Forschenden einen bislang unbekannten zellulären Mechanismus beobachten, der das Virus aus dem Schlaf holt. Dazu arbeitete das Team mit neuartigen systembiologischen sowie computergestützten Methoden. Ein neuartiger Ansatz zur Einzelzell-RNA-Sequenzierung lieferte zusätzliche Daten und Ergebnisse.
Ahnungsloses ImmunsystemHerpesviren setzen im Körper Mikro-RNAs ein – kurze Ribonukleinsäuren, die die Genexpression regulieren –, um ihre Wirtszellen zu ihrem Vorteil umzuprogrammieren. So kann sich das Virus schnell über die Zellen im Körper ausbreiten.
Der zentrale Schalter, der die Reaktivierung und auch die Vermehrung von HHV-6 in Gang setzt, ist eine virale Mikro-RNA mit dem Namen miR-aU14. Sie wird vom Virus selbst produziert. Sobald miR-aU14 aktiviert wird, greift sie in den Stoffwechsel menschlicher Mikro-RNAs ein – und das Herpesvirus kann erneut erwachen.
Dabei blockiert miR-aU14 die Reifung menschlicher Mikro-RNAs aus der miR-30-Familie. Diese produzieren eigentlich Typ-I-Interferonen – Botenstoffe, die dem Immunsystem die Anwesenheit von Viren melden. Ist die menschliche Mikro-RNA außer Gefecht gesetzt, wird das Immunsystem über das Erwachen des Virus nicht informiert. Dadurch können Herpesviren ungestört in den Aktivitätszustand wechseln und sich verbreiten – ohne dass der Körper sich wehrt. Darüber hinaus sorgt miR-aU14 für eine Zerstückelung der Mitochondrien der Wirtszelle und zerstört so ihren Energiestoffwechsel.
Es gibt bereits erste Hinweise darauf, dass die Reaktivierung anderer Herpesviren ebenfalls über den entdeckten Mechanismus ausgelöst wird.