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„Barbies“ Oscar-Nominierungen: Greta Gerwig und Margot Robbie ...

Barbies OscarNominierungen Greta Gerwig und Margot Robbie
Für einen Film von, über und für Frauen soll ausgerechnet der einzige relevante Mann ausgezeichnet werden? Die Oscars hinken immer noch einige Jahrzehnte hinterher

Alina Saha ist Online-Redakteurin des Freitag. Neben Umwelttthemen schreibt sie abwechselnd mit Dorian Baganz, Özge İnan, Elsa Koester und Tadzio Müller die Kolumne „Super Safe Space“.

Ryan Gosling ist mehr als „kenug“. Das wurde in den letzten Wochen mehrmals von offizieller Stelle verkündet: Sein Song „I’m just Ken“ aus Barbie wurde mit einem Critics Choice Award ausgezeichnet und für einen Grammy nominiert. Und auch schauspielerisch hat er es in der Rolle als treuer Gefährte, der sich zum misogynen „Whiny Boy“wandelt, jetzt zur Oscar-Nominierung als bester Nebendarsteller geschafft.

Nur warum sieht Gosling so unglücklich aus? Bei der Verleihung seines Critics Choice Awards blieb er sichtlich genervt sitzen und weigerte sich, die Auszeichnung entgegenzunehmen. Das Internet munkelt: Er hat keinen Bock auf die typische Hollywood-Masche. Je weißer und männlicher, desto preiswürdiger. Gosling ist, Überraschung, beides!

Aber möchte man(n) dafür ausgezeichnet werden?

„Barbie“ hat alles, was ein Oscar-Favorit braucht

Seine Nominierung für Ken in Barbie ist unbestreitbar verdient. Der Film macht auch deshalb so viel Spaß, weil Gosling sichtbar Freude daran hat, Unsicherheiten, die Männer mit Macho-Allüren kompensieren, in seinem Spiel zu zerlegen und ins Lächerliche zu ziehen (inklusive peinlicher Bizeps-Posen und romantisches Gitarrenspiel am Lagerfeuer). An sich könnte die Diskussion hier enden und man würde Gosling alles Gute wünschen, wenn diese Nominierung nicht (mal wieder) zeigen würde, was die Academy bewusst übersieht.

Denn Barbie ist ein Film von Frauen für Frauen über Frauen und genau deshalb der erfolgreichste Film des letzten Jahres. Gosling spielt den einzigen wichtigen männlichen Charakter in dem Film. Die zwei Frauen, die den Film kreiert und erschaffen haben, Regisseurin Greta Gerwig und Hauptdarstellerin Margot Robbie, wurden bei den Nominierungen übergangen.

An Gerwigs Fähigkeiten als Regisseurin kann es nicht liegen, immerhin war sie bereits zweimal für den Regie-Oscar nominiert. Robbie wurde ebenfalls schon als beste Darstellerin für frühere Rollen nominiert. Mangelndes Talent ist es nicht. Der Film selbst hat eine Nominierung als bester Film bei den Oscars. Das Thema, die Umsetzung und alles drumherum sind also gut genug – nur die Frauen dahinter nicht?

Perfekt wie „Oppenheimer“

Zum Vergleich: Christopher Nolans Oppenheimer hat diese Lücken in den Nominierungen nicht. Der Film ist aber auch in jedem Aspekt auf die Oscars zugeschnitten: Weißer Held rettet aus amerikanischer Perspektive die Welt mit seiner Intelligenz (oder mit einer Massenvernichtungswaffe, aber was ist da schon der Unterschied) und hat danach ein schlechtes Gewissen. Ästhetisch toll gemacht, viel Liebe zum Detail, spektakuläre Umsetzung einer atomaren Explosion. Hier hat ein Perfektionist Regie geführt, unterstützt von einem ganzen Stab Perfektionist:innen.

Die Nolan-Fetischisten finden es übrigens nicht cool, wenn man sie in ihrer Anbetung daran erinnert, dass der Film in seiner Ehrerbietung von Robert Oppenheimer leider die Hunderttausenden japanischen Opfer und die Frauen, die am Manhattan-Projekt beteiligt waren, vergessen hat.

Was die Perfektion angeht, steht Barbie dem Film Oppenheimer in nichts nach. Gerwig ist genauso gut in ihrem Job wie Nolan. Margot Robbie und Cillian Murphy sind hervorragende Schauspieler:innen. Und, im Gegensatz zu Oppenheimer, ist dieser Film Popcorn-Kino mit politischem Anspruch. Die Academy hat offensichtlich kein Problem damit, die kreative Arbeit und Umsetzung von Barbie anzuerkennen. Aber dass sie als Individuen aus dem Film ausgerechnet Gosling als einzige männliche Rolle und America Ferrera als die einzige Mutterrolle nominieren, klingt, als wären ihre Geschlechter-Rollen in den 1950ern stecken geblieben.

Die Schafferinnen von Kunst nicht anzuerkennen, ihre Werke aber auszustellen, ist eine seit Jahrhunderten gängige Praxis in der Kulturwelt. Vor hundert Jahren hätte man den Film wahrscheinlich noch ihrem Mann, Noah Baumbach, zugeschrieben. Weil man gar nicht annahm, dass Frauen Kunst machen können.

Glücklicherweise hat Gerwig den Film jetzt gedreht und nicht vor hundert Jahren.

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