TV-Duell: Scholz angriffslustig, Merz betont staatsmännisch

Bundestagswahl 2025
Stand: 09.02.2025 22:59 Uhr
90 Minuten lang debattierten Scholz und Merz: Die Kanzlerkandidaten von SPD und Union sind beim TV-Duell aufeinander getroffen. Scholz attackierte Merz mehrfach - der gab sich gelassen.
Zumindest die Union sieht einen klaren Gewinner: Direkt nach dem TV-Duell gegen Bundeskanzler und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz erklärte CSU-Chef Markus Söder Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz zum Sieger. In der ersten Debatte in ARD und ZDF zeigten sich Scholz und Merz unversöhnlich. Scholz war angriffslustiger, Merz gab sich staatsmännisch.
Zwei Themen dominieren diesen Wahlkampf: Migration und Wirtschaft. Hatte Merz ursprünglich noch erklärt, keinen Migrationswahlkampf führen zu wollen, ist das Thema nach der Gewalttat in Aschaffenburg gesetzt. Und obwohl Merz sich selbst wohl eher Kompetenzen beim Thema Wirtschaft zugeschrieben hatte, scheint er sich mit den harten Verschärfungen beim Asylrecht arrangiert zu haben. Immer wieder trägt er seine Kritik an der Ampelkoalition dazu vor - so auch bei der TV-Debatte.
"Sie kriegen es in Ihrer Koalition nicht so hin, wie es notwendig wäre", hielt er Scholz vor. Der Kanzler nehme die Realität in Bund und Ländern beim Thema Migration nicht mehr wahr. "Sie leben nicht in dieser Welt", sagte Merz. "Was Sie hier erzählen, ist ein Märchenschloss."
Scholz will "harten Kurs" bei Migration fortsetzen
Scholz wiederum versprach für die Zeit nach der Wahl, einen "harten Kurs" in der Asylpolitik fortzusetzen. "Es hat noch nie schärfere Gesetze gegeben, als die, die ich durchgesetzt habe", sagte der SPD-Politiker. Die Zahl der Asylsuchenden nehme ab - und auch in Europa komme man bei der Migrationssteuerung voran.
Deutschland dürfe Gewalttaten wie die von Aschaffenburg nicht akzeptieren, sagte der Kanzler. "Wir können uns niemals abfinden mit solchen Taten und deshalb muss klar und entschieden gehandelt werden."
Die Pläne der Union zur Zurückweisung von Migranten an der Grenze wies Scholz erneut als rechtswidrig zurück und warnte vor einer "europäischen Krise". Er drängte Merz zudem dazu, dem von der Regierung vorgelegten Gesetz zur Umsetzung der europäischen Asylreform (GEAS) zuzustimmen. "Warum soll man so doof sein", dies nicht zu tun, fragte er.
Merz weist Anschuldigung, mit AfD zusammenzuarbeiten, zurück
Scholz warf Merz erneut einen "Wortbruch" und einen "Tabubruch" vor, weil die Union im Bundestag ihren Fünf-Punkte-Plan zur Migration mit den Stimmen der AfD durchgesetzt hat. Er traue dem CDU-Vorsitzenden zu, nach der Wahl eine Koalition mit der AfD einzugehen. "Das ist meine ernste Sorge."
Merz wies das zurück: "Es wird diese Zusammenarbeit nicht geben", sagte er. "Wir werden das nicht tun." Union und AfD trennten in den Sachfragen Welten.
Die gemeinsame Abstimmung von Union, FDP und AfD hatte Ende Januar zu einem Eklat im Bundestag geführt. Einen Gesetzentwurf brachte Merz zwei Tage später wegen Abweichlern in seiner eigenen Fraktion und in der FDP aber nicht durch den Bundestag.
Scholz hatte den Unions-Kanzlerkandidaten im Bundestag als "Zocker" bezeichnet. Dem Versprechen der Union, dass es keinerlei Zusammenarbeit mit der AfD geben werde, vertraut nach einer Umfrage nur jeder zweite Wähler. Dem aktuellen ARD-DeutschlandTrend zufolge glauben 44 Prozent, dass Friedrich Merz keine Koalition mit der AfD eingehen wird. 43 Prozent sind aber auch gegenteiliger Ansicht.
Wirtschaftspolitik zweites großes Streitthema
Im Anschluss ging es bei dem TV-Duell um Wirtschaftspolitik. Merz warf Scholz eine gestörte Wahrnehmung bei der krisenhaften Lage der deutschen Wirtschaft vor. "Ich bin einigermaßen erschüttert, mit welcher Wahrnehmung Sie hier heute Abend den Zustand unserer Wirtschaft beschreiben", sagte der Unions-Kanzlerkandidat.
Scholz hatte zuvor erklärt, es gebe keine Deindustrialisierung in Deutschland. Merz hielt dem Kanzler entgegen, es gebe im Land eine Insolvenzwelle wie nie in den vergangenen 15 Jahren. "50.000 Unternehmen sind in Ihrer Amtszeit in Deutschland in die Insolvenz gegangen, fast die Hälfte davon im letzten Jahr", sagte Merz.
Scholz räumte ein: "Es ist was los und wir müssen was tun." Der Kanzler verwies aber unter anderem auf eine steigende Zahl von Erwerbstätigen. Zudem gebe es in Deutschland die zweitniedrigste Arbeitslosigkeit unter allen wirtschaftsstarken Demokratien der G7-Gruppe.
Scholz angriffslustig, Merz nutzt direkte Ansprache
Scholz nannte Merz' Äußerungen mehrfach "lächerlich" und warf ihm vor, "Sprechblasen" vorzutragen. Er redete zunächst auch länger. Das führte nach 50 Minuten dazu, dass die Moderatorin Maybrit Illner erstmals eingreifen musste, weil er drei Minuten mehr auf seinem Konto hatte.
Merz parierte die Angriffe des Kanzlers betont gelassen. Er sprach Scholz mehrfach direkt an und stellte ihm Fragen.
Scholz hat nun nur noch zwei Wochen, den Rückstand von 11 bis 17 Prozentpunkten in den Umfragen aufzuholen. Auch bei den persönlichen Beliebtheitswerten liegt er hinten: Laut ARD-DeutschlandTrend sind 32 Prozent der Befragten zufrieden mit Merz, aber nur 23 Prozent mit Scholz.
Das Fernsehduell markiert den Start in die heiße Schlussphase des Wahlkampfs, in die Merz und die CDU/CSU mit großem Vorsprung in den Umfragen gehen. Die Union kommt derzeit auf 29 bis 34 Prozent, die SPD liegt dagegen weit abgeschlagen mit 15 bis 18 Prozent nur auf Platz drei hinter der AfD.
Der Eklat im Bundestag hat kaum Auswirkungen auf die Umfragewerte gehabt. Die von der SPD erhoffte Trendwende blieb aus.