So passen 32 Terabyte auf eine Festplatte

Die Technologie hinter Seagate Mozaic 3+ So passen 32 Terabyte auf eine Festplatte
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Mit der Exos-Mozaic-3+-Plattform hat Seagate eine Reihe an 32-Terabyte-Festplatten für Cloud-Rechenzentren ausgeliefert. Sie setzen auf die neuartige HAMR-Technologie und bieten eine Flächendichte von rund 3,5 Terabyte pro Scheibe. Zielgruppe sind zunächst Hyperscaler-Rechenzentren, im vierten Quartal soll auch der Channel zum Zug kommen.

(Bild: Seagate)
Dem Speicherspezialisten Seagate ist der Sprung über die 30-Terabyte-Grenze gelungen. Die Exos-Mozaic3+-Baureihe verwendet dafür Heat Assistent Magnetic Recording (HAMR), das Laser-, Plasma- und Quantenphysik nutzt.
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Bildergalerie mit 8 BildernBei einer Flächendichte von mehr als Terabyte pro Scheibe und zehn Scheiben pro HDD wird eine Speicherkapazität von rund 32 Terabyte erreicht. Offiziellen Angaben zufolge will Seagate den 3,5-TB-Wert pro Scheibe in den kommenden Jahren auf bis zu 5 Terabyte steigern, so dass 50-TB-HDDs in Reichweite gelangen. „Exos-Mozaic-3+-Festplatten werden zukünftig auch im Blockspeichersystem Corvault 4U106 zum Einsatz kommen“, sagt Roland Warzog, EMEA Corporate Communications Manager bei Seagate. Dieses habe eine Speicherkapazität von 2,5 Petabyte. Mit einem Array auf Basis der Exos-Mozaic3+-Festplatte lassen sich bis zu 187 Exabyte (EB) Daten speichern statt wie bisher „nur“ 100 EB mit der Exos-X16-Festplatte.
Mehr Leistung, weniger Strom
Die neuen HDDs sind abwärtskompatibel. Tauschen Rechenzentren also ihre gängigen PMR-Festplatten („Perpendicular Magnetic Recording“) mit 16 Terabyte Kapazität gegen Seagates neue 32-Terabyte-HDDs aus, können sie ihren Speicherplatz nahezu verdoppeln – bei gleichbleibendem Platzbedarf und reduzierten Betriebskosten. Denn die neuen Festplatten sollen den Energiebedarf um bis zu 40 Prozent senken. Verbraucht eine Exos-x16-Festplatte noch 0,59 Watt pro Terabyte, beansprucht eine Exos Moazaic 3+ laut Hersteller nur noch 0,35 Watt pro Terabyte.
Durch die zusätzliche Nutzung intelligenter Datenspeichersysteme wie des Exos Corvault 4U106 im Rahmen eines Software-Defined-Storage-Cloud-Datacenter-Deployment lassen sich laut BS Teh, Executive Vice President und Chief Commercial Officer bei Seagate, zudem bis zu 50 Prozent CPU-, RAM- und Netzwerkressourcen einsparen. Auch ließen sich so der CO2-Fußabdruck des Rechenzentrums und der Elektroschrott weiter verringern und der Gesamtstromverbrauch und Rechenzentrumsplatz senken. Denn die HAMR-Festplatten haben laut Teh eine mittlere Betriebsdauer zwischen Ausfällen (Mean Time Between Failures, MTBF) von bis zu 2,5 Millionen Stunden und bei einer maximalen Arbeitslast von 550 TB/Jahr.
Die HAMR-Technik
Welche Art von Wundertechnik könnte diesen Leistungszuwachs bewerkstelligen, mag sich der Anwender fragen. Zuerst einmal bestehen die neuen HDDs aus Supergitter-Platin-Legierungsmedien, die für eine deutlich erhöhte Koerzitivkraft sorgen. „Als Koerzitivfeldstärke [Hc, H für die magnetische Feldstärke und c für coercivity] bezeichnet man die magnetische Feldstärke, die notwendig ist, um eine ferromagnetische Substanz vollständig zu entmagnetisieren, so dass der resultierende Gesamtfluss beziehungsweise die lokale Flussdichte gleich null ist“, erläutert Seagate-Experte Roland Warzog. „Je höher die Koerzivitivfeldstärke ist, desto besser behält ein Magnet seine Magnetisierung, wenn er einem Gegenfeld ausgesetzt wird.“
Dies ermöglicht laut Warzog das präzisere Schreiben von Daten und eine besonders hohe Bit-Stabilität. „Um Daten auf die magnetische Scheibe zu schreiben, wird eine winzige Stelle kurz durch eine kleine am Schreibkopf befestigte Laserdiode erhitzt. Dadurch kann der Schreibkopf die magnetische Polarität einzelner Bits kurzzeitig ändern, so dass Daten geschrieben werden können. Das Erhitzen und Abkühlen jedes Bits dauert nur eine Nanosekunde, weshalb der HAMR-Laser keine Auswirkungen auf die Laufwerkstemperatur oder auf die Temperatur, Stabilität und Zuverlässigkeit der gesamten Festplatte hat. Das garantiert die Zuverlässigkeit und Stabilität der Datenspeicherung.“
Schreiben mit Licht
Sowohl der Controller auch der Schreib- und der Lesekopf mussten für die HAMR-Technologie völlig neu konzipiert werden. Um den Ansprüchen der jetzt deutlich höheren Flächendichten gerecht zu werden, muss hierbei eine neu entwickelte Lesetechnik zum Einsatz kommen, die den massiv angehobenen Datenstrom auch verarbeiten kann. Die älteren PCBA-Mainboards wären hierfür zu langsam gewesen, so der Seagate-Experte. „Der nanophotonische Laser sendet einen fokussierten Lichtstrahl aus, der genau die Energie liefert, die erforderlich ist, um das Medium kurzzeitig zu erwärmen“, so Warzog. Mit „kurzzeitig“ meint er wenige Nanosekunden. Warzog weiter: „Der nanophotonische Laser ist Teil des vor dem eigentlichen Schreibkopf sitzenden, als ‚Plasmonic Writer‘ bezeichneten Lichtleiters.“
Dieser generiert quantenbasiert aus zwei Laserdioden einen Plasmastrahl und heizt damit die Oberfläche des Mediums auf rund 427° C auf, um die oben unter „Koerzitivfeldstärke“ beschriebene Magnetisierung der Eisen-Platin-Oberfläche zu ermöglichen. Die Hitze kühle in weniger als zwei Nanosekunden sofort wieder ab. „Der Plasmonic Writer verwendet Technologien aus der Quantenmechanik, um die Laser zur einem Plasmastrahl verbinden zu können“, erklärt Warzog.
Die plasmonische Aufzeichnung sei der Dreh- und Angelpunkt von Mozaic 3+, erläutert das Whitepaper zur HAMR-Technologie. Diese Aufzeichnungsweise nutze die Wechselwirkung von Licht und Metall im Nanobereich, um eine Aufzeichnung mit höherer Dichte zu ermöglichen. Der Einsatz eines eingebetteten Lasers und die Umwandlung von Lichtenergie in Plasmonen erlaubten eine höhere Energiebündelung, als mit herkömmlichen Optiken möglich. Dies erfolge durch den nanophotonischen Laser, den Photonentrichter und die Quantenantenne.
Der Laser ist die Energiequelle, die die magnetischen Eigenschaften des Übergittermediums aus einer Platinlegierung vorübergehend verändert und so den Bereich für das Schreiben von Daten vorbereitet. Die Präzision und die Flüchtigkeit der Energieeinwirkung ermöglichen eine höhere Bit-Dichte pro Scheibe. Durch eine ausgeklügelte Steuerung in Verbindung mit dem Photonentrichter und der Quantenantenne erhitzt der Laser nur die erforderlichen Nanopartikel auf dem Medium. Dadurch verringert sich deren magnetischer Widerstand, und Daten können mit einer geringeren Magnetfeldstärke als sonst geschrieben werden. Durch die kontrollierte Erhitzung wird sichergestellt, dass nur das geschriebene Bit betroffen ist, wodurch die Stabilität und Integrität der umgebenden Daten aufrechterhalten werden.
Auf den Trichter gekommen
Der Photonentrichter ist ein Wellenleiter, der das Laserlicht direkt und mit hoher Genauigkeit auf die Quantenantenne leitet. Seine Struktur ist das Ergebnis neuester Erkenntnisse aus der Materialwissenschaft und Nanofabrikation. Er begrenzt den Pfad des Lasers und hält gleichzeitig die Integrität und Leistung des Strahls auf dem Weg zum Ziel aufrecht. Die Materialien werden mit Bedacht gewählt. Ein hoher Brechungsindex ist entscheidend, um das Licht effizient und mit minimaler Streuung oder Verlust zu leiten.
Quanten in der Antenne
In der Quantenantenne, einer Erfindung der Seagate-Ingenieure, läuft das komplexe Zusammenspiel aus Quantenphysik und Materialwissenschaft zusammen, um die höhere Schreibdichte von Mozaic zu ermöglichen.
Die primäre Funktion der Antenne ist die extrem präzise Umwandlung von Laserenergie in Wärme, die das Schreiben von Daten mit hoher Dichte ermöglicht. Dies geschieht durch die Erzeugung von Oberflächenplasmonen – Elektronenschwingungen auf Quantenebene, die durch Licht auf der Metalloberfläche induziert werden. Die Konvertierung ist lokal sehr begrenzt und betrifft nur den Festplattenbereich, in den die Daten geschrieben werden.
Die Quantenantenne fungiert als Wandler, der das einfallende Laserlicht in ein hochintensives elektromagnetisches Feld im Nahbereich umwandelt. Dieses Feld wird dann genutzt, um das Aufnahmemedium lokal über seine Curie-Temperatur zu erhitzen. Dadurch wird die Koerzitivfeldstärke der magnetischen Bits verringert, und sie können neu ausgerichtet werden, wodurch Daten geschrieben werden.
Durch die präzise, gezielte Erwärmung des Aufzeichnungsmediums kann die magnetische Koerzivität vorübergehend verringert werden. Dies ermöglicht die präzise Ausrichtung der magnetischen Bits zur effektiven Erfassung der Binärdaten, die das Rückgrat des digitalen Speichers bilden.
Lesen mit Spintronic
Wenn es diesen Schreibkopf gibt, muss es auch einen Lesekopf geben, lautet die traditionelle Lehre der HDD-Technik. Das ist auch bei der Mozaic 3+ nicht anders, aber alles ist getrennt – siehe die Abbildungen. Das Spintronic-Lesegerät der 7. Generation von Seagate stellt nach den Worten von Warzog „einen bedeutenden Fortschritt beim Lesen von Daten aus den dicht gepackten Spuren dar, die durch Mozaic 3+ ermöglicht werden“. Das Lesegerät könne kleinste Änderungen in der Magnetisierung erkennen und stelle so sicher, dass die Daten auch bei extrem hoher Dichte genau und schnell gelesen werden können.
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Bildergalerie mit 8 BildernHeiße Sache
„Das Licht des Lasers, das die Hitze verursacht, wird in einen sogenannten Plasma-Transducer geleitet“, erläutert Teh. Der Plasma-Transducer ist der Umwandler, der quantenbasiert aus den Lasern einen Plasmastrahl erzeugt. „Diese dreidimensionale Nano-Struktur erzeugt ein elektrisches Feld auf der Scheibe und erhitzt einen Bereich, der nicht größer als ein einzelnes Bit ist. Die Hitze kühlt in weniger als zwei Nanosekunden sofort wieder ab. Der HAMR-Laser selbst hat keinen wesentlichen Einfluss auf die Temperatur, Stabilität oder Zuverlässigkeit der Festplatte.“ Für die Steuerung ist ein integrierter 12-nm-Controller zuständig, der laut Hersteller im Vergleich zu früheren Lösungen eine bis zu dreimal höhere Leistung ermöglicht.
„Die im Exos Corvault 4U106 Array integrierte Adapt- und ADR-Technologie hilft zudem, den Austausch von fehlerhaften Festplatten zu reduzieren“, erläutert Teh. Warzog fügt eine kleine Hintergrundinformation hinzu: „ADAPT ist unser Markenname für das von uns vor über 15 Jahren mitentwickelte Erasure-Coding-Verfahren. Dieses Verfahren verwendet zum Beispiel ZFS bei Raidz2 oder Raidz3. ADR ist unser eigenes Autonomous-Drive-Regeneration-Verfahren. Seagates Enterprise-Laufwerke zeichnen Telemetriedaten der letzten bis zu 1.000 Betriebsstunden auf und können damit intern eine sogenannte ‚Predictive Maintenance‘-Analyse ausführen, um weit vor dem Erreichen eines S.M.A.R.T.-Triggerpunktes bereits Unstimmigkeiten erkennen zu können.“
Warzog gibt ein Beispiel: „Jeder Schreib-/Lesekopf schwebt rund 6 bis 10 Ångström [0,6 bis 1 Nanometer] über der Oberfläche, gesteuert von einem Piezokristall am Kopf. Dies wird Flughöhenkontrolle genannt. Entfernt sich nun der Kopf mehr als 20 Ångström, kann er nicht mehr schreiben, und noch weiter entfernt kann er auch nicht mehr lesen. ADR wird hiervon in Kenntnis gesetzt und kann diesen einen schadhaften Kopf per elektronischer Depopulation im Inneren des Laufwerkes ausschalten, so dass die großen Laufwerke mit ihren bis zu 20 Köpfen dann eben mit einem Kopf weniger weiterarbeiten kann, anstatt ‚Edelschrott‘ zu werden.“
Im Zusammenspiel mit ADAPT würden die Daten unter diesem Kopf in andere, sogenannte Spare-Bereiche des Erasure Coding ausgelagert und dadurch „in Sicherheit gebracht“. Dann trenne sich die Platte logisch kurz ab, schalte den schadhaften Kopf ab und verbinde sich erneut, nun mit einem Schreib-/Lesekopf weniger. ADAPT gleiche den Verlust der Kapazität (1 bis 1,5 TB Kapazität) problemlos aus; der Anwender bekomme hiervon vermutlich nicht einmal etwas mit, wenn er nicht die Logfiles aufmerksam lese.
Warzog freut sich für seine Kunden: „ADR und ADAPT sind ein Meilenstein in der Festplattentechnologie. Beide Verfahren zusammen reduzieren den Verwaltungsaufwand bei schadhaft gewordenen Laufwerken enorm, vermeiden die üblichen RMA-Prozeduren rund um Plattenaustausch und garantieren einen über lange Jahre hin stabilen Betrieb des gesamten Speichersystems.“
Kostenvorteil gegenüber All-Flash
Teh sagt im Interview mit Storage-Insider, die HAMR-Technologie werde dafür sorgen, dass Festplatten auch weiterhin einen Kostenvorteil gegenüber All-Flash-Speichern hätten. HAMR-Festplatten mit höherer Flächendichte und damit höherer Speicherkapazität böten Massendatenspeicherung zu weniger als einem Fünftel der Kosten vergleichbarer All-Flash-Lösungen pro Bit. Dieser Kostenvorteil wird sich seiner Ansicht nach im Rechenzentrumsbereich auch in den kommenden zehn Jahren nicht wesentlich ändern.
Seagate-Experte Warzog erläutert dazu: „Unsere großen Cloud-Partner sind derzeit meistens auf 16-TB-Festplatten unterwegs. Der Austausch dieser 16-TB-Festplatten gegen die Mozaic 3+ mit 30+ TB verdoppelt nahezu die Speicherkapazität und senkt somit drastisch den Preis pro TB. Bitte beachten Sie, dass es bei Hyperscalern immer nur um Watt/TB oder Preis/TB geht, anderes spielt kaum eine Rolle.“ Das Whitepaper erörtert intensiv den Aspekt der Gesamtbetriebskosten von Storage in einem Rechenzentrum.
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Bildergalerie mit 8 BildernDie Rolle der KI
Einer der Treiber für den wachsenden Speicherbedarf ist die Künstliche Intelligenz. Große Sprachmodelle (LLMs) erfordern sehr große Mengen an Trainigsdaten, sei es innerhalb eines Unternehmens oder bei der Erfassung öffentlich zugänglicher Daten (aus dem Internet und Archiven). „Da KI-Anwendungen einen hohen Bedarf an Rohdatensätzen haben, müssen viele Unternehmen zunehmend mehr Daten speichern“, erklärt Seagate-CEO Dave Mosley. Um die daraus resultierenden Datenmengen zu sichern, sei die Flächendichte wichtiger denn je. Die Mozaic-3+-Plattform sei dabei mehr als nur HAMR-Technologie: „Sie umfasst viele branchenweit einmalige Innovationen, die wir integriert haben, um die Flächendichte zu erhöhen“, so Mosley.
Zu den datenintensiven Anwendungen, die von der verbesserten Schreibdichte profitieren, zählen laut Whitepaper die erwähnten ML-Modelle, für deren Training riesige Datensätze erforderlich sind, aber auch Video-Streaming-Dienste, die 4K- und 8K-Inhalte speichern und bereitstellen müssen, oder Datenbanken für die medizinische Forschung, in denen umfangreiche Genomsequenzen gespeichert sind. Laut Whitepaper sollen neben der Exos-Baureihe auch die Baureihen IronWolf Pro und SkyHawk von der HAMR-Technologie profitieren.
Die Rolle der KI-Performance
„Performance ist sehr schwer zu definieren“, sagt Warzog, „da hier das gesamte System inklusive Server, Datenlasten, Infrastruktur et cetera mit berücksichtigt werden muss – von dem wir als Hersteller der Speichersysteme, wenn überhaupt, nur am Rande etwas mitbekommen. Generell liegen unsere Systeme mit 84 oder 106 Laufwerken bei rund 10 Gigabyte/s schreibend und 12 Gigabyte/s lesend, können aber auch 15 Gigabyte/s realisieren, wenn die Server entsprechend ausgestattet sind.“ Er fügt hinzu: „Wir von Seagate sind sehr konservativ, was Performancewerte angeht, wir geben lieber zu wenig als zu viel an.“
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(Bild: Storage-Insider)
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