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Bilder zum Vergessen
Das Verfahren gegen Annika Schleu wird eingestellt, das Ende der Reiterei im Modernen Fünfkampf steht fest. In Paris sind Pferde trotzdem noch dabei. Verantwortlich für schreckliche Bilder sind nicht nur die, die sie produzieren.

Wie lange Bilder wirken? Lässt sich manchmal an der Post ablesen, in diesem Fall vom Anwalt. „Frau Schleu ist an einem Abschluss des Ermittlungsverfahrens ebenso gelegen wie an einer Fortführung der Diskussion zum Schutz von Tieren, speziell Pferden in- und außerhalb des Sports“, schreibt der Rechtsvertreter von Annika Schleu zur Nachricht, dass die Staatsanwaltschaft Potsdam das Ermittlungsverfahren gegen seine Mandantin wegen angeblicher Verstöße gegen das Tierschutzgesetz gegen Zahlung von 500 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung eingestellt hat.

Was das heißt? Die Einstellung des Verfahrens gegen Zahlungsauflage stelle kein Schuldeingeständnis dar, sagt Annika Schleus Anwalt. Unter den Empörten, denen die Bilder vom 7. August 2021 und die verzweifelten Versuche von Annika Schleu und ihrer Trainerin Kim Raisner, das zugeloste Pferd Saint Boy in den Parcours zu bewegen, die Schläge mit der Gerte, Raisners Aufforderung „Hau richtig drauf“, noch vor Augen sind und in den Ohren klingen, dürfte es manche geben, die das anders sehen.

Tatsächlich nimmt das von der Staatsanwaltschaft eingeleitete Verfahren ein erwartbares Ende. Schleu habe der Einstellung aus „rein verfahrensökonomischen Gründen“ zugestimmt, schreibt ihr Anwalt. Die Sportlerin hatte schon kurz nach den Spielen in einem Interview mit der „Zeit“ davon gesprochen, wie sehr der Hass, der ihr in sozialen Medien entgegenschlug, sie schockiert hatte. Es ist durch und durch nachvollziehbar, dass sie darauf verzichtet, ihre Rechtsauffassung, dass sie Saint Boy nicht widerrechtlich misshandelt habe, in einer Hauptverhandlung richterlich überprüfen zu lassen.

Zur Diskussion um die Behandlung der Tiere inner- und außerhalb des Sports wolle seine „überaus tierliebe Mandantin“ an anderer Stelle beitragen, schreibt ihr Anwalt. Das wird nötig sein, denn der Moderne Fünfkampf ist vom Internationalen Olympischen Komitee zwar aus dem Programm genommen, bis eine Alternative zum Reiten gefunden ist – aber erst bei den übernächsten Spielen, 2028 in Los Angeles. In zweieinhalb Jahren in Paris soll die Sportart mit den bekannten Disziplinen in einem noch engeren zeitlichen Rahmen als in Tokio durchgezogen werden, dabei war der Stress zwischen Reiter und Pferd schon im Tokio-Format offenkundig zu oft zu groß, nicht nur bei Annika Schleu und Saint Boy.

Eine Sportart könne nicht gestrichen werden, wenn die Qualifikationszyklen schon begonnen hätten – diese Logik wird vom Geschäft und der Statik der Sportverbände mit dem IOC an der Spitze diktiert, nicht vom Gedanken an das Tierwohl. Das Ende der Reiterei für die Modernen Fünfkämpfer soll gleichzeitig alternativlos und aufschiebbar sein. Schon an diesem Widerspruch lässt sich sehr klar erkennen, wer zu allererst dafür verantwortlich ist, wenn Olympische Spiele Bilder erzeugen, die im Gedächtnis bleiben, obwohl sie alle Beteiligten möglichst schnell vergessen machen wollen.

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