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Militärhilfe für die Ukraine: Scholz-Kurs weiter in der Kritik

Militärhilfe für die Ukraine ScholzKurs weiter in der Kritik
Die Kritik am Ukraine-Kurs des Kanzlers hält trotz Zusagen weiterer Militärhilfe an. Die Opposition wirft Scholz Zögerlichkeit vor, Koalitionsvertreter fordern, mehr zu tun. Laut Regierung kann die Bundeswehr keine weiteren Waffen abgeben.

Stand: 20.04.2022 18:40 Uhr

Die Kritik am Ukraine-Kurs des Kanzlers hält trotz Zusagen weiterer Militärhilfe an. Die Opposition wirft Scholz Zögerlichkeit vor, Koalitionsvertreter fordern, mehr zu tun. Laut Regierung kann die Bundeswehr keine weiteren Waffen abgeben.

Die Bundesregierung sieht bei der militärischen Unterstützung der Ukraine keine Verzögerungen. "Es läuft ein regelmäßiger, kontinuierlicher Strom an Waffen, an Munition, an Ausrüstung in Richtung der Ukraine, und dieser Strom soll nicht abreißen", sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Die Ukraine werde von einer ganzen Reihe Staaten unterstützt und auch aufgerüstet, etwa von den USA, Großbritannien, den Niederlanden oder Polen.

Deutschland helfe "mit vielerlei Material" und sei in Gesprächen mit dem ukrainischen Verteidigungsministerium, um weitere Lieferungen zu organisieren, so der Regierungssprecher. "Dass es da zu einer Verzögerung kommt, kann ich nicht feststellen."

Debatte über Lieferung schwerer Waffen aus Deutschland für die Ukraine

Martin Schmidt, ARD Berlin, tagesschau 16:00 Uhr, 20.4.2022

Bundeswehrbestände für NATO-Verpflichtungen gebraucht

Deutschland werde jedoch keine schweren Waffen mehr aus Beständen der Bundeswehr abgeben, sagte Hebestreit. "Die Bundeswehr hat alles geliefert, was sie entbehren kann." Man sehe keine Möglichkeiten mehr, aus den Beständen der Bundeswehr Waffen an die Ukraine zu liefern. Deshalb müsse man andere Wege etwa über die Finanzierung von Käufen bei der Rüstungsindustrie gehen.

Der stellvertretende Generalinspekteur der Bundeswehr, Markus Laubenthal, bekräftigte im Morgenmagazin von ARD und ZDF, dass die Lieferung schwerer Waffen vonseiten der Bundeswehr nicht möglich sei. Dies würde die Einsatzfähigkeit innerhalb der NATO-Verpflichtungen beeinträchtigen. "Wir hätten keine Möglichkeit mehr, auf Eventualitäten zu reagieren, und das würde die Verteidigungsfähigkeit doch erheblich schwächen." Ein Großteil etwa der Schützenpanzer Marder werde auch herangezogen, um Ersatzteile für den Einsatz bereitzustellen. Laubenthal wies auf die Materiallücken hin, die im Zuge des früheren Sparkurses bei der Bundeswehr entstanden seien. Zudem setze die kriegstaugliche Bedienung dieser komplizierten Gefechtssysteme eine gründliche Ausbildung voraus.

Habeck und Baerbock unterstützen Scholz

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte am Dienstag nach einer Videokonferenz mit Partnern der G7-Staatengruppe sowie der NATO weitere militärische und finanzielle Unterstützung der Ukraine für den Kampf gegen die russischen Invasionstruppen zugesagt. Er sicherte osteuropäischen NATO-Partnern, die Waffen sowjetischer Bauart aus ihren alten Beständen an die Ukraine liefern könnten, deutsche Unterstützung bei der Beschaffung von Ersatz zu. Hebestreit sagte auf die Frage, ob es zu diesem so genannten Ringtausch schon konkret Absprachen gibt: "Man ist in konkreteren Vorgesprächen dazu." Die Gespräche seien aber noch nicht so weit, "dass es unterschriftsreif wäre".

Wirtschaftsminister Robert Habeck begrüßte "ausdrücklich" ein solches Ringtausch-Prinzip. Die Bundesregierung sei mit der Industrie und den internationalen Partnern "über kluge, schnell wirksame Lösungen im Austausch", sagte der Grünen-Politiker der "Rheinischen Post". "Deutschland setzt sich intensiv dafür ein, dass im internationalen Verbund schnell und pragmatisch das Gerät geliefert werden kann, was unmittelbar einsatzfähig ist und in dieser neuen Phase des Krieges gebraucht wird." Schnelle weitere Waffenlieferungen seien "dringlich".

Außenministerin Annalena Baerbock betonte, dass deutsche Lieferungen von gepanzerten Fahrzeugen an die Ukraine grundsätzlich "kein Tabu" seien. Deutschland könne nach Angaben der Bundeswehr aber derzeit nicht mehr liefern.

Kritik aus der Ukraine hält an

Dem Kanzler war wiederholt aus der Ukraine und von Bündnispartnern in Osteuropa Zögerlichkeit bei der Lieferung schwerer Waffen vorgeworfen worden - auch seine Zusagen vom Dienstag wurden kritisch aufgenommen. Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk sagte, die Regierung in Kiew habe die Ankündigungen "mit großer Enttäuschung und Bitterkeit" zur Kenntnis genommen. "Die These, dass die Bundeswehr der Ukraine nichts mehr zu liefern imstande wäre, ist nicht nachvollziehbar."

Auch der Sicherheitsexperte Carlo Masala sieht keine Notwendigkeit für so viel Zurückhaltung. "Wenn die Verteidigung des Bündnisses an 15 Mardern hängt, dann ist es um die Verteidigung des Bündnisses nicht besonders gut bestellt. Also von daher ist dieses Argument ein bisschen, ich sage mal: vorgeschoben", sagte der Professor von der Universität der Bundeswehr in München im Morgenmagazin von ARD und ZDF.

Merz wirft Scholz Unentschlossenheit vor

CDU-Chef Friedrich Merz erklärte, Scholz lasse beim Thema Waffenlieferungen viele Fragen unbeantwortet. "Er spricht jetzt von Listen, die abgearbeitet werden. Aber diese Listen gibt es seit Wochen." Dazu äußere sich der Bundeskanzler jetzt zum ersten Mal, obwohl er das auch schon früher hätte tun können.

Merz erkläre sich das vorsichtige Vorgehen des Kanzlers damit, dass es in der SPD-Fraktion "massiven Widerstand" gegen Waffenlieferungen aus der Bundeswehr heraus gebe. Weil der Krieg die Freiheit hierzulande gefährde, müsse er beendet werden, betonte Merz. "Und daher müssen wir der Ukraine mehr helfen, als wir es gegenwärtig tun."

Mützenich beklagt Kritik aus der Koalition

Auch von den Koalitionspartnern kommt weiter Kritik. Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter sagte, das Problem der Haltung Deutschlands sei, "dass wir bei den Sanktionen bremsen, bei den Waffenlieferungen bremsen, und damit die Gefahr droht, dass der Krieg sich immer länger hinzieht". Desto größer werde dann aber die Gefahr, "dass weitere Länder überfallen werden und wir dann am Ende in einen erweiterten de facto Dritten Weltkrieg rutschen".

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich zeigte sich derweil enttäuscht über die Kritik der Koalitionspartner an der Ukraine-Politik von Kanzler Scholz. Er empfinde "einzelne Bemerkungen und Auftritte aus den Koalitionsparteien" in der Debatte um Waffenlieferungen als "bitter", schrieb er in einem Schreiben an die Fraktionsmitglieder, das der Nachrichtenagentur AFP vorlag.

Mützenich rief seine eigene Fraktion darin zu Geschlossenheit auf. Die Bundesregierung handele "entschlossen, umsichtig und überlegt". Den Kritikern bescheinigte Mützenich auch parteipolitische Motive. Von den Koalitionspartnern Grüne und FDP übt neben Hofreiter insbesondere die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann seit Tagen Kritik am Vorgehen Scholz' und drängt auf mehr Unterstützung einschließlich schwerer Waffen.

Schützenpanzer Marder - die Debatte um schwere Waffen geht weiter

Uli Hauck, ARD Berlin , 20.4.2022 · 10:44 Uhr

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