Eklat im Bundestag: Klimaleugner der AfD pöbelt gegen Minister Habeck


Beleidigungen statt Debatte: Karsten Hilse (AfD) hat mit einer Pöbelei gegen Minister Habeck für einen Eklat im Bundestag gesorgt. Die Querschüsse nehmen zu.
Berlin – Nazi-Sprech, Beschimpfungen und Beleidigungen: Mit einer Pöbelattacke hat der Skandal-Abgeordnete Karsten Hilse (AfD) Unruhe im Bundestag gestiftet. Bei einer Aussprache über die Klimapolitik der Ampel-Regierung griff der sächsische Bundestagsabgeordnete den neuen Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) scharf an und empfahl ihm, sich auf seinen „Geisteszustand untersuchen zu lassen“, zitierte Focus Online am Donnerstag den AfD-Politiker. Der Wortbeitrag überschattete dabei eine Reihe weiterer Skandale, mit denen die Rechtspopulisten die Sitzungswoche torpedieren.
Seit Mittwoch tagt das Parlament in der Hauptstadt und debattiert die ersten vorgelegten Pläne der neuen Bundesregierung um Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Nachdem einen Tag zuvor die Corona-Politik Gegenstand der Beratungen gewesen war, stand am Donnerstag der Kampf gegen den Klimawandel auf der Tagesordnung. Dazu präsentierte Habeck dem Haus sein Sofortprogramm, das den Ausbau der erneuerbaren Energien wie Windkraft und Solarenergie beschleunigen soll.
Eklat um AfD: Karsten Hilse beleidigt im Bundestag den neuen Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne)In der anschließenden Aussprache durfte sich auch Hilse zu Wort melden. Er warf dann Habeck die „Ausplünderung Deutschlands“ vor. Der Minister habe „dem Volk den schnellsten Weg in den Untergang gezeigt“ und ebne ihm den Weg in den „Totalitarismus“, wird er von Focus Online zitiert. An Habeck gewandt soll er dann gesagt haben: „Ich verachte Sie zutiefst.“
Pöbelattacke sorgt für Eklat: Karsten Hilse (links, AfD) griff Minister Robert Habeck (Grüne) an. (kreiszeitung.de-Montage)
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Die übrigen Abgeordneten, die nicht mehr neben der AfD sitzen wollen, ließen die Angriffe unkommentiert. Vielleicht auch, weil Sie mittlerweile derartiges gewohnt sind. Zumindest ist Hilse kein unbeschriebenes Blatt. Der sächsische Abgeordnete gilt als Klima- und Corona-Leugner. Gegen ihn wurde bereits die Aufhebung der Immunität beantragt. Nach übereinstimmenden Medienberichten soll es bei einer Querdenker-Demo im November 2020 zu Handgreiflichkeiten mit der Polizei gekommen sein. Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt laut Spiegel Online gegen Hilse wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.
Mit seinem Widerstand gegen die Corona-Politik der Bundesregierung ist Hilse dabei längst kein Einzelfall. In den Reihen der AfD befinden sich viele Corona-Leugner und Impfgegner, was regelmäßig zu Auseinandersetzungen im Parlamentsbetrieb führt. Denn im Bundestag gilt derzeit eine 2G-Plus-Regel. Das heißt: Im Plenum und in den Ausschüssen dürfen nur Abgeordnete teilnehmen, wenn sie geimpft oder genesen sind und zugleich einen negativen Test vorlegen können oder geboostert sind. Alle anderen müssen mit Abstand von der Tribüne aus an den Sitzungen teilnehmen.
Karsten Hilse: Der AfD-Abgeordnete ist Klima- und Corona-Leugner – Aufhebung der Immunität beantragtDie AfD läuft dagegen Sturm. Nachdem es deswegen bereits bei der konstituierenden Sitzung zu einer Kontroverse gekommen war, hielten die AfD-Abgeordneten bei einer Befragung von Kanzler Scholz zur Corona-Politik am Mittwoch Protestschilder hoch. Das ist aber gegen die Regeln des Parlamentes, weswegen die Abgeordneten von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) unter Anordnung eines Ordnungsgeldes gemaßregelt werden mussten.
Dennoch gingen die Provokationen auch am Donnerstag weiter. Trotz der 2G-Plus-Regel setzte sich der niedersächsische Bundestagsabgeordnete Jan Wundrak in die Sitzung des Auswärtigen Ausschusses. Er legte zwar einen Test vor, war aber nach eigener Aussage ungeimpft – weswegen ihn der Ausschussvorsitzende von der Beratung ausschloss. Wundrak beschwerte sich im Anschluss: „Da ich generell ein Kritiker der überzogenen Corona-Maßnahmen bin, halte ich auch diese neuen Regelungen für falsch“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa.
Corona-Protest: Alternative für Deutschland und Querdenker vermischen sich – ein Verbot ist schwierigAlles nur Folklore oder eine ernste Gefahr? Politikexperten sehen die Querschüsse der AfD und die Vermischung mit der Querdenker-Szene jedenfalls mit wachsender Sorge. Laut Dr. Alexander Salheiser, Rechtsextremismusexperte vom Forschungsinstitut für gesellschaftlichen Zusammenhalt an der Universität Jena, habe die AfD von Beginn an den Anspruch, als Bewegungspartei wahrgenommen zu werden. „Es ist also kaum verwunderlich, dass die Akteure auch auf den Coronaleugner-Zug aufspringen, um möglichst viele Wähler unter den Mosaik-Rechten zu mobilisieren“, sagte er kürzlich kreiszeitung.de. Jedoch sei dabei eine wachsende Radikalisierung zu beobachten, insbesondere auch in Sachsen. Dies sei am Ende brandgefährlich.
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Ähnlich sieht das auch der ehemalige Ostbeauftragte der Großen Koalition, Marco Wanderwitz (CDU). Am Mittwoch forderte er sogar schon ein Verbot der AfD. Jedoch sind die Chancen dafür äußerst gering. Insofern werden sich die anderen Abgeordneten und Minister noch einige Attacken gefallen lassen müssen. * kreiszeitung.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.
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